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Lausanne Flon–Ouchy

KürzelLO
BahntypStandseilbahn
Betriebseröffnung1877-03-16
Daten vorhandenja

Daten

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Allgemeine Bemerkungen

Die Kommentare sind bewusst kurz gehalten. Sie dienen in erster Linie dem Zweck, gewisse Daten oder auch Datenlücken verständlicher zu machen, wobei das Hauptaugenmerk auf die Finanzzahlen fällt. Primäre Quelle bilden die Eisenbahnstatistik respektive die dortigen «Bemerkungen betreffend die einzelnen Bahnunternehmungen», die jeweils am Schluss der Bände stehen. Auf weitere Quellen- oder Literaturangaben wird verzichtet, obwohl solche teilweise mit eingeflossen sind. Die Kommentare sind der Einfachheit halber grundsätzlich in der Vergangenheitsform verfasst. Es heisst also beispielsweise: Bahn X «war» eine Aktiengesellschaft, auch wenn dies noch heute der Fall sein sollte.

Kommentar

Die 1877 eröffnete und mit Wasserturbine betriebene LO war eine Aktiengesellschaft. Massgeblicher Initiant war der Lausanner Unternehmer Jean-Jacques Mercier. Die LO führte in Lausanne von der Schifflände Ouchy zum zentral gelegenen und gewerbereichen Stadtquartier Flon. 1879 kam die Verlängerung bis zum Hauptbahnhof hinzu (Lausanne Flon–Gare; LG). Die beiden Linien bildeten als Unternehmen eine Einheit und wurden in der Statistik nicht separat aufgeführt. Die Daten zur LG sind in denjenigen zur LO enthalten. Beauftragt mit dem Bau beider Anlagen waren die Internationale Gesellschaft für Bergbahnen (IGB) in Aarau unter der Leitung von Niklaus Riggenbach und die Bell Maschinenfabrik AG Kriens.

Die normalspurige, ganzjährig verkehrende LO gilt als erste Standseilbahn der Schweiz. Sie war in vielfacher Hinsicht ein ausgesprochener Sonderfall. Ursprünglich wurde sie als schiefe Seilebene erstellt, wenig später dann zu einer Standseilbahn ausgebaut. 820 Meter ihrer Strecke Flon–Ouchy waren vierschienig, die restlichen 686 Meter dreischienig angelegt. Mit einer mittleren Neigung von lediglich 71 Promille (LG 100 Promille) war die LO die flachste und mit einer Fahrgeschwindigkeit von 4 Metern pro Sekunde zugleich die schnellste Seilbahn des Landes. Ihre Treibrollen hatten einen Durchmesser von 6 Metern, üblich waren 3 bis 4 Meter. Die Transportvolumina der LO erreichten namentlich im Güterverkehr Werte, an die keine andere Gesellschaft auch nur annähernd herankam. Als konkretes Beispiel beförderten 1910 sämtliche Standseilbahnen der Schweiz 6.86 Mio. Personen und 164'000 Tonnen Waren. Davon entfielen allein auf die LO (inklusive LG) über 26 Prozent der Reisenden respektive fast 91 Prozent der Tonnagen. Nahezu der gesamte Güterverkehr, der auf Schweizer Standseilbahnen abgewickelt wurde, konzentrierte sich somit auf die LO – ein Umstand, der für den ganzen Untersuchungszeitraum zutrifft. Die Einnahmen aus der Frachtspedition machten denn auch einen wesentlichen, in einzelnen Jahren gar den überwiegenden Anteil der Betriebseinkünfte der LO aus. Sie war die einzige Gesellschaft, die Dreiwagenzüge mit Güterwagen einsetzte, also eigentliche Zugskompositionen mit vier Wagen an jedem Seilende (siehe Variable «Wagenachsen pro Zug»). Von den 40 Güterwagen, die 1920 auf allen Seilbahnen insgesamt verkehrten, gehörten 25 der LO. Ihr kam für die innerstädtische Erschliessung von Lausanne grosse Bedeutung zu. Sowohl der Personen- wie der Warenverkehr der LO wuchsen ab 1877 einigermassen kontinuierlich und ab Ende der 1890er-Jahre mit zunehmender Dynamik an. Dieser Trend blieb auch nach dem Kriegsausbruch 1914 trotz einer kurzzeitigen Störung mit Tiefpunkt 1915 bestehen.

Die Bilanzzahlen der LO inklusive der Baukosten werfen Fragen auf, die sich aus den Angaben der Statistik nur bedingt klären lassen, zumal auch die «Bemerkungen» am Schluss der Bände meist spärlich ausfielen. Die Betriebsergebnisse bewegten sich zwar stets ganz klar im positiven Bereich, doch reichten diese trotzdem bei Weitem nicht aus, die enorme Zinslast der LO zu tragen. Zusätzliche Einkünfte erwirtschaftete die LO aus ihren umfangreichen «Nebengeschäften». Dazu gehörte zuvorderst das Wasserwerk von Bret inklusive Kanalisationen, dessen Wert bereits die Statistik von 1877 mit 2 Mio. Franken, diejenige von 1895 mit 2.5 Mio. Franken veranschlagte. Diese Aufwendungen waren bis 1882 sowohl in der Bilanz wie in den Baukosten enthalten, danach aber nur noch in der Bilanz, wodurch sich folglich die Baukosten aus rein buchhalterischen Gründen entsprechend verringerten. Das Anlagekapital, auf welches sich die zu bezahlenden Zinsen bezogen, war deshalb fortan stets markant grösser als das Baukonto der Bahn. Im Weiteren besass die LO Immobilien und Land mit einem Wert von über 1 Mio. Franken (Stand Anfang 1890er-Jahre), die ebenfalls nicht der Bahn zugerechnet wurden. Die ausgewiesenen Anlagekosten dieser «Nebengeschäfte» stiegen im Lauf der Zeit an und erreichten 1920 gesamthaft 6.4 Mio. Franken. Deren Rohertrag bezifferte die Statistik 1920 in der Gewinn- und Verlustrechnung mit 443'000 Franken, also fast doppelt so viel, wie der Überschuss aus dem Transportbetrieb einbrachte.

Die Verquickung der verschiedenen Geschäftsfelder in den Rechnungszahlen erschwert den Überblick über die Finanzsituation der LO. Augenscheinlich jedoch ist, dass der Passivsaldo bis 1893 auf bedrohliche 2.4 Mio. Franken anstieg, was die LO 1894 zu einer Reduktion des Aktienkapitalwerts um 500'000 Franken zwang. Ausserdem erliessen ihr die Gläubiger Zinsausstände von 315'700 Franken (in der Datenbank als «Betriebssubvention» erfasst). Die Lage der LO war also Mitte der 1890er-Jahre ungemütlich. Eine ihrer Anleihen in der Höhe von 390'000 Franken war übrigens zinsfrei. Es dürfte sich dabei vermutlich um ein Engagement der öffentlichen Hand gehandelt haben. Nach der Sanierung der Bilanz konnte dann aber die LO ab 1896 alljährlich eine Dividende ausschütten, die nach dem Kriegsende 1918 sogar Spitzenwerte erreichte.

Ab 1906 nahm die LO unter der Federführung der Firmen Von Roll AG Bern und Bell Kriens Umbauten an den Gleis- und Antriebsanlagen vor. Wenig später beschaffte sie zudem neues Rollmaterial. Entsprechend stiegen in diesem Zeitraum die Baukosten an. Zugleich trat in der Struktur des Anlagekapitals vorübergehend eine markante Veränderung ein – zumindest bilanztechnisch gesehen. Ohne dass dies die Statistik näher begründete, verbuchte nämlich die LO nun vormalige feste Anleihen als schwebende Schulden. 1910 betrugen diese Ausstände nahezu 9.2 Mio. Franken, deren Verzinsung die LO 414'000 Franken kostete. Auf der anderen Seite sanken das feste Fremdkapital und folglich auch dessen Verzinsung auf den Wert null. De facto änderte sich damit jedoch insofern wenig, als die laufenden Zinsverpflichtungen bestehen blieben. 1916 wurde der ganze Vorgang rückgängig gemacht beziehungsweise in umgekehrter Richtung vollzogen. Zu ergänzen ist, dass die schwebenden Schulden der LO im Gegensatz zu fast allen anderen Standseilbahnen stets vergleichsmässig hoch waren. Im Jahr 1900 bezifferten sie sich beispielsweise auf fast 1.4 Mio. Franken, 1920 auf 3 Mio. Franken.

Hinsichtlich der Baukosten der LO gilt Ähnliches, wie es vorher für das Transportaufkommen angesprochen worden ist. Sämtliche 1920 bestehenden Schweizer Standseilbahnen verursachten Baukosten von total 31.1 Mio. Franken, davon allein die LO (einschliesslich LG) 6 Mio. Franken. Pro Bahnkilometer entsprach dies 3.23 Mio. Franken, ein Wert, den bei Weitem keine andere Seilbahn auswies. Hauptausgabenposten der LO war mit 40 Prozent Anteil an den Gesamtkosten der Hochbau. Auch dies ist für Seilbahnen ungewöhnlich, da meistens der Unterbau diesbezüglich voranstand. Auf den Unterbau entfielen bei der LO trotz umfangreicher Tunnelarbeiten nur knapp 29 Prozent der Aufwendungen, an dritter Stelle stand der Landerwerb mit bemerkenswerten 15 Prozent.

Die Rollmaterialkosten berechnete die LO ab 1911 anders als zuvor, indem die Aufwendungen für das Drahtseil und die Seiltragrollen (zusammen rund 20'000 Franken) sowie vor allem für die mechanischen und elektrischen Einrichtungen im Betrag von über 320'000 Franken fortan separat ausgewiesen wurden.

1933 erneuerte die LO ihre Antriebsanlage, deren Gesamtleistung dadurch von 400 auf 640 PS stieg. 1958 erfolgte der Umbau in eine Zahnradbahn.

Vergleiche auch den Kommentar zur Standseilbahn Lausanne Flon–Gare (LG).

Erwähnungen

Diese Bahn wird auch in den Kommentaren folgender Bahnen erwähnt:

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